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Fair Enough?! Der 17. Münchner Klimaherbst startet

Vom 06. bis 31. Oktober 2023 geht es unter dem Titel „Fair enough?” diesmal um Klima und Gerechtigkeit. Denn: Nicht alle Menschen sind von der Erderhitzung gleich stark betroffen und nicht alle tragen gleich stark dazu bei. Wie kann hier ein gerechter Ausgleich aussehen? Brauchen wir einen neuen Generationenvertrag? Und welche Rolle spielt unser Handeln in München global?

Lesezeit: 9 Minuten

Was genau ist der Klimaherbst eigentlich?

Der Münchner Klimaherbst ist eine Veranstaltungsreihe, die über Klimawandel informiert und Möglichkeiten zum Klimaschutz aufzeigt. Über mehrere Wochen im Herbst finden in ganz München ca. 100 Veranstaltungen statt, die vom Team des Klimaherbst und den vielen Partnerorganisationen angeboten werden. Neben Vorträgen und Diskussionen gibt es auch zahlreiche interaktive Formate wie Workshops, Exkursionen und Planspiele.

Das diesjährige Motto: Klimagerechtigkeit

Beim diesjährigen Klimaherbst-Thema “Klimagerechtigkeit” ist es wichtig, insbesondere den Gerechtigkeitsaspekt dieses Themas nicht aus dem Auge zu verlieren. Es geht also im Fokus nicht darum uns zu fragen, wie wir bestmöglichen Klimaschutz hier und an anderen Orten auf der Welt umsetzen (auch wenn das mittelbar natürlich zu mehr Klimagerechtigkeit beiträgt). Vielmehr geht es darum, Fragen nach der Verteilung von Kosten und Lasten, aber auch Gewinnen und Vorteilen durch Klimawandel und Klimaschutz zu stellen, aktuell, zukünftig und historisch, lokal und global. Und natürlich auch die Frage danach zu stellen, wie wir diese Kosten, Lasten, Gewinne und Vorteile gerecht aufteilen können, sodass jede*r individuell, genauso wie Organisationen und staatliche Gemeinschaften im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit und gemäß ihrer (historischen) Verantwortung be- und entlastet werden. Folgende Leitfragen stehen dabei im Zentrum:

  • Wer ist verantwortlich für die Klimakrise?
  • Wer ist betroffen von der Klimakrise?
  • Wer kann sich schützen vor der Klimakrise?
  • Wer kann politisch mitgestalten?

Die (komplette) Geschichte hinter der Klimakrise

Schon als die Menschheit angefangen hat vermehrt Treibhausgase auszustoßen, waren bei weitem nicht alle Menschen weltweit dafür verantwortlich. Die Verschmutzung der Natur und natürlichen Ressourcen gingen damals wie heute mit der Ausbeutung von Menschen aus dem globalen Süden sowie anderer vulnerabler und marginalisierter Gruppen, wie bspw. BIPoC (Schwarze, Indigene und People of Color, also nicht-Weiße Menschen) einher. Industrialisierung und Kolonialismus gingen dabei Hand in Hand. Dieser Ausbeutung verdanken wir unseren  materiellen Wohlstand bzw. Luxus, sowie unsere relative Sicherheit. U

nsere Verantwortung ist also nicht zu unterschätzen: Jede*r Deutsche trägt historisch gesehen eine Treibhausgaslast mit sich herum, die ca. 40-Mal so hoch ist, wie die eine*r Inder*in und immerhin noch sechsmal so hoch, wie die eine*r Chines*in. Die ärmsten 50% der Weltbevölkerung sind heute für nur 10% des weltweiten CO2-Ausstoßes verantwortlich, während die Reichsten 10% einen Anteil von 49% verursachen. Und viele der Emissionen, die heute in Ländern des globalen Südens entstehen und immer noch wesentlich geringer sind als die des globalen Nordens, hängen wiederum mit der Produktion von Gütern für den globalen Norden zusammen.

Gleichzeitig leiden Menschen des globalen Südens deutlich stärker unter den Folgen der Klimakrise. Zum Beispiel sind die drei Länder, die laut Klima-Risiko-Index von Germanwatch in den letzten 20 Jahren am stärksten unter von der Erderhitzung bedingten Wetterextremen gelitten haben, Puerto Rico, Myanmar und Haiti. Andererseits hat es auch mit ungleichen Voraussetzungen zu tun: arme Länder können sich schlechter gegen die vermehrt auftretenden Naturkatastrophen und andere Folgen der Klimakrise schützen als reiche: sie haben nicht die Ressourcen, um Deiche gegen steigende Meeresspiegel zu bauen, sie können die Lebensmittel nicht zukaufen, die bei Ernteausfällen durch Dürren im eigenen Land fehlen, sie können keine adäquaten Vorkehrungen gegen immer häufiger auftretende Wirbelstürme treffen und ihre Bevölkerung im Angesicht solcher Katastrophen auch nur bedingt unterstützen.

Armut verstärkt diesen Betroffenheitseffekt auch für einzelne: Arme Menschen können sich schlechter gegen vermehrt auftretende Extremwetterereignisse schützen als reiche: sie wohnen weltweit in schlechteren Behausungen und unsicheren Gegenden und sind damit nicht gegen Überflutungen oder Hitzewellen geschützt. Sie verlieren meist als Erste ihre Lebensgrundlage, weil sie beispielsweise von Subsistenzwirtschaft abhängig sind und somit bei Dürre als Erste unter Hunger leiden. Außerdem haben sie oft nicht das Wissen und die Möglichkeiten, sich vor anstehenden Extremwetterereignissen in Sicherheit zu bringen. Dies trifft ebenso auf vulnerable und marginalisierte Gruppen wie Frauen, BIPoC, behinderte Menschen und LGBTIQ* (lesbische, schwule, bi-, trans- und intersexuelle, queere Menschen) zu, die sowieso tendenziell schon mehr von den Folgen der Klimakrise betroffen sind. Dadurch, dass sie ein erhöhtes Armutsrisiko haben, sind sie mehrfach benachteiligt. In der Klimakrise zeigt sich: Wir leben alle in einer Welt und tun es doch nicht.

Gerechtigkeit umsetzen – Klimakrise lösen?

Viele unserer heutigen Probleme sind also unter anderem daraus entstanden, dass einige Menschen sich selbst als überlegen gegenüber anderen Menschen und der Natur angesehen haben und daraus ein Recht zur Unterdrückung und Ausbeutung abgeleitet haben. Nur so konnten Kolonialismus und Imperialismus sowie die kapitalistische Ausbeutung unserer Natur entstehen. Die Folgen sehen wir heute unter anderem in den unterschiedlichen Möglichkeiten von Menschen und Staaten, mit der Klimakrise umzugehen und ihren unterschiedlichen Möglichkeiten, sich bei der Lösungsfindung Gehör zu verschaffen.

Gleichzeitig leben wir in einer Welt, in der die Verkündung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte 75 Jahre her ist. Ihr erster Artikel besagt, dass alle Menschen „frei und gleich an Würde und Rechten geboren“ sind. Übersetzt fordert sie also die Gleichheit an Rechten und somit, dass wir so weit wie möglich Gerechtigkeit zwischen den Menschen herstellen. Darauf haben wir uns als Weltgemeinschaft geeinigt. Es geht also darum, dass Verursacher*innen Verantwortung für ihr eigenes Handeln und das ihrer Vorfahren übernehmen. Gleichzeitig muss „Chancengleichheit“ bei der Anpassung an Klimawandelfolgen hergestellt werden. Und nicht zuletzt dürfen wir unsere historischen Fehler nicht wiederholen. Wir müssen denjenigen die Möglichkeiten zur gleichberechtigten Mitbestimmung geben, die sich bislang wenig einbringen konnten und gleichzeitig am stärksten betroffen sind. Nur so finden wir einen gemeinsamen Weg zur Klimagerechtigkeit.

In welcher Gesellschaft wollen wir leben?

Als Bank haben wir bereits früh verstanden: Wir haben nicht nur eine wirtschaftliche Verantwortung, sondern auch eine gesellschaftliche. Weil es uns nicht egal ist, wie Menschen miteinander umgehen und wie gerecht unsere Gesellschaft ist, übernehmen wir Verantwortung in der Region und fördern soziale und ökologische Projekte.

Deshalb sind wir seit vielen Jahren Förderin des Münchner Klimaherbst. Denn wir, als Deutschlands erste Gemeinwohl-Bank, sind Orientierungsstifterin und ermutigen andere dazu, es uns gleichzutun. Die Werte der Gemeinwohl-Ökonomie werden von uns durchgehend gelebt. Warum gehen wir diesen Weg? Weil wir finden, dass es Zeit ist, etwas an unserer Art des Wirtschaftens zu verändern – für ein gutes Leben für Alle.